Vom Wandel

Mittlerweile ist es Sommer, die Temperaturen steigen, die Tage sind lang und die Nächte kurz. Der Sonnenschein lädt zu endlosen Spaziergängen durch blühende Wiesen, entlang gelber Felder ein und der blaue Himmel erstreckt sich grenzenlos. Die Menschen kommen schneller miteinander ins Gespräch, man geht auf Reisen und die Kinder springen lachend ins Schwimmbecken. Der Asphalt flimmert.

Mit den Jahreszeiten zu gehen – das hört sich so einfach an, wird aber tatsächlich oft nicht gemacht. Im Daoismus und der TCM wird von den fünf Wandlungsphasen gesprochen: Wasser, Holz, Feuer, Erde und Metall. Mich hat der Begriff der Wandlungsphasen immer etwas bezaubert, weil er die ‚Magie‘ des Lebens abbildet. Ein ganzheitlicher, natürlicher Prozess, der sich vollzieht, und der mit Veränderung zu tun hat, aber nicht nur. Veränderung assoziieren wir meistens mit loslassen (und nichtloslassenkönnen), Wechsel (und Stagnation), mit etwas Neuem (und etwas Altem, das zurückgelassen wird). Die Wandlung hingegen umfasst den ganzen Prozess: das Entstehen, das Erblühen, das Früchtetragen, das Ernten, das Altern, das Vergehen und birgt hierin wieder das Entstehen. Es bezeichnet etwas Grundlegendes. So, wie sich die Wandlungsphasen im Makrokosmos – also alles um uns herum vom Gestein zum Gestirn – zeigen, lassen sie sich im Mirkokosmos nachvollziehen – also in ‚uns‘, von Nasenspitze über Organe bis hin zur Zelle.

Das Konzept der Wandlungsphasen können wir Tag für Tag an uns selbst anwenden – und das in den verschiedensten Bereichen, von der Ernährung, dem Sport, der Gesundheit, der Lebensphasen über Vorlieben/Abneigungen und Wohnraum bis hin zum empathischen Verständnis und noch vieles, vieles mehr.

Es sind die energetischen Prozesse, die in und um uns herum permanent wirken.

Shiatsu und Zen

Wie hängen Zen-Meditation (bzw. Chan-Meditation) und Shiatsu zusammen?

Es sind gerade die Einfachheit, Klarheit und Direktheit des Zen, die mit dem Shiatsu harmonieren. Das Sein im Moment hebt die Abgrenzung zum anderen hin auf: Die Grenze zwischen mir und dem Klienten ist da und auch nicht da. Die intellektuelle Wahrnehmung formt unsere Welt stark und darüber vergessen und verkennen wir oft, dass sie derart illusorisch ist.

Für mich bedeutet Zen in diesem Zusammenhang auch, der Intuition zu folgen und damit dem Fluss des Qi – und diesem zu vertrauen.

Ein Eisvogel am Fluss, winterlich.

Ebenso sind die körperliche Haltung des Praktikers und die Handgriffe im Shiatsu einfach, direkt und klar: aufrecht ist die Position des Praktikers und klar der Geist. Die Arbeit und Bewegungen aus dem eigenen Dantien bzw. Hara heraus erden den Praktiker zum einen, und zum anderen machen sie ihn gewahr für die eigene Position, körperlich, energetisch und geistig. Letztlich ist Shiatsu ein Miteinanderfließen, wobei der Praktiker den Klienten führt und sich dabei von dessen Energie leiten lässt.

Die Lotusblume (oder auch: Lotos), wie sie im Beitragsbild zu sehen ist, hat übrigens eine faszinierende Fähigkeit: Ihre Blätter sind flüssigkeitsabweisend und bleiben dadurch stets sauber. Weder Pilze noch Schmutz können sich auf ihnen absetzen. Diese Eigenschaft macht den Lotus unter anderem zur Blume der Reinheit und Erleuchtung. Als Symbol kommt er in vielen verschiedenen Kulturen und Religionen vor, ganz bekannt im Hinduismus, Buddhismus und Daoismus, aber beispielsweise auch im Islam.

Mahakashyapa gilt als einer der bedeutenden Schüler Gautama Buddhas und ist der erste indische Patriarch des Zen-Buddhismus. Die Geschichte seiner Erleuchtung ist, meines Erachtens, eine der schönsten Geschichten Buddhas: die Blumenpredigt

Passend zum nahenden Frühling, wenn bald die Natur ergrünt und die Knospen allerorts aufblühen.

Lotusblumenknospen